Interview mit Vincent Maron

Was genau ist das „Schlau-Projekt“?

Vincent: Das Schlau-Projekt ist ein Projekt im SCHMIT-Z. Die Aufgabe dieser Gruppe ist es, in die Schulen zu gehen und dort mit den Jugendlichen über schwul, lesbisch, bisexuell oder transsexuell zu sprechen. Und zwar erstmal, um zu erklären, was die Begriffe eigentlich bedeuten. Wir im Schlau-Team sind alle schwul, lesbisch, bi oder trans. Wir erzählen den Schülerinnen und Schülern etwas aus unserem Leben und auch, ob es schwer oder leicht für uns war. Die Jugendlichen können uns dann auch Fragen stellen. Meistens sind wir drei Stunden in der Klasse, ohne Lehrer oder Lehrerin. Dann können die Jugendlichen im Vertrauen alles sagen und fragen, was sie möchten. Das ist das Schlau-Projekt.

Seit wann gibt es das Projekt?

Vincent: In Trier gibt es das Projekt seit zwölf Jahren. Aber das Schlau-Projekt gibt es auch in anderen Städten z.B. in Mainz, in Koblenz oder in Köln.

Wer unterstützt es?

Vincent: Es wird unterstützt vom SCHMIT-Z. Das SCHMIT-Z ist ein Verein und das Schlau-Projekt ist ein Teil davon. Deshalb bekommen wir dort auch einen Raum, wo wir uns treffen können oder wir können den Queergarten hier nutzen. Wir bekommen vom SCHMIT-Z auch Materialien. Aber seit einigen Jahren erhalten wir auch Geld vom Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz. Davon bezahlen wir Fahrtkosten, Stifte und andere Materialien oder drucken Flyer. Das ist toll, dass wir das nicht selbst bezahlen müssen. Das ist eine Wertschätzung durch die Politik, die das gut und wichtig findet, was wir machen.

Wann hast du angefangen, mit dem Schlau-Projekt in die Schulen zu gehen?

Vincent: Ich selbst bin bei dem Projekt seit sechs Jahren dabei. Damals habe ich noch studiert und habe das in meiner Freizeit neben dem Studium gemacht. Ehrenamtlich nennt man das, wenn man sich engagiert und dafür kein Geld bekommt. Damals waren wir sechs Leute, mittlerweile sind wir mehr. Jetzt können wir zu viel mehr Schulen fahren. Seit ein paar Jahren haben wir mindestens einen Workshop pro Woche an einer Schule.

Was war dein größter Erfolg in der Schule?

Vincent: Es gab so viele tolle Momente in den Schulen, aber einer war besonders toll: Ein Mitglied vom Schlau-Projekt hat gesagt, dass er schwul ist und dann hat ein Schüler aus der Klasse ihn beleidigt, als „dumme Schwuchtel“. Noch bevor wir vom Team dagegensprechen konnten, hat der Rest der Klasse sofort angefangen, diesem Schüler klarzumachen, dass das nicht okay ist, wenn man so was sagt. Das fand ich besonders toll, dass WIR das nicht machen mussten, sondern dass die Schüler selber gesagt haben: Wir lassen das so nicht stehen!

Seit wann weißt du, dass du queer bist?

Vincent: Ich erkläre nochmal, was „queer“ bedeutet: Das ist ein Oberbegriff für alle Menschen, die nicht heterosexuell sind. Damit man nicht immer alles aufzählen muss… bi, schwul, lesbisch, tran, inter… Queer fasst das alles zusammen. Also, ich weiß, dass ich queer bin schon seit ich in die Grundschule gehe. Aber ich wusste nicht, wie ich das Gefühl benennen sollte. Vor sieben Jahren habe ich dann erlebt, dass es Menschen gibt, die transsexuell sind. Und ich habe gemerkt, das trifft auch auf mich zu. Ich habe mich darüber informiert und habe mich dann getraut, mich zu outen. Das bedeutet, ich habe es meinen Eltern und Freunden gesagt und den Menschen, mit denen ich zu tun habe. Alle haben das akzeptiert, da habe ich Glück gehabt. Darüber bin ich sehr froh.

Als du dich geoutet hast, wer hat dich unterstützt?

Vincent: Das waren viele unterschiedliche Menschen, vor allem aber natürlich meine Freunde und Freundinnen. Da sind aber auch einige dabei, die sind schwul oder lesbisch, das heißt, für die war das klar, dass sie mich unterstützen. Aber auch meine Familie, was ich so nicht gedacht hätte, vor allem meine Mutter. Ich dachte, die versteht das nicht und denkt, ich bin verrückt. Aber sie war immer da, wenn ich Hilfe gebraucht habe. Sie war z.B. mit mir im Krankenhaus und hat mir geholfen Unterlagen zusammenzusuchen für meine Namensänderung. Das war total toll.

Woher weiß man, dass man schwul ist…oder queer?

Vincent: Wenn man schwul ist, merkt man das daran, dass man sich in einen Jungen oder Mann verliebt. Und als Mädchen weiß man, dass man lesbisch ist, wenn man nicht mit einem Jungen, sondern mit einem anderen Mädchen zusammen sein will. So merkt man das… am Verliebt sein. Wenn man trans ist, merkt man das daran, dass die Hülle, also der Körper, nicht zu dem passt, was man fühlt. Das passt nicht zusammen, das kämpft gegeneinander an.

Hast du Wünsche für die Zukunft?

Vincent: Ich hoffe, dass die jungen Menschen, die jetzt erwachsen werden, offener und besser mit dem Thema umgehen als Menschen vor 20, 30 Jahren. Ich wünsche mir, dass es normaler wird, dass man darüber redet. Ich wünsche mir, dass junge Menschen, die queer sind, keine Angst mehr haben müssen, das offen zu zeigen. Denn wenn man das jahrelang versteckt, ist das sehr anstrengend und führt dazu, dass man traurig wird.

Wir sind alle anders!